Mostbirnen

Das Mostviertel beherbergt das größte geschlossene Mostbirnbaumgebiet Mitteleuropas. Die Geschichte der Obstbäume geht zurück bis in die Steinzeit. Unveredelt, klein und krumm waren sie Teil eines flächendeckenden Laubwaldes. Schon frühe Nomadenstämme sammelten hier ihre herben Früchte. Später zeigten die Römer, wie man die Kümmerlinge kultiviert und in prachtvolle Obstbäume verwandelt. Ein riesiges Obstbaumgebiet entstand über die Jahrhunderte. Heute setzt man wieder mehr auf ökologische Landwirtschaft und natürliche Vielfalt.
Dreihundert verschiedene Birnensorten soll es dort geben - eine weltweit einzigartige Vielfalt. Man unterscheidet Speisebirnen, Mostbirnen und Kletzenbirnen. Letztere sind eine Spezialität des Mostviertels. Die Mostbirne unterscheidet sich vom übrigen Mostobst durch einen hohen Gerbstoffgehalt, eine hohe Saftausbeute, durch die fruchtige Süße und eine (im Vergleich zu Mostäpfel) geringe Säure.

Im Sortenerhaltungsgarten in Gießhübel bei Amstetten wurden 71 Mostbirnensorten zusammengetragen, im Buch "Die Mostbirnen", das im Jahr 2001 vom Verein "Neue alte Obstsorten" unter Mitarbeit von DI Martina Schmidthaler herausgegeben wurde näher beschrieben werden. Neben den bereits erwähnten Sorten zählen der Vorarlberger Subirer (Saubirne), der Tiroler (Zillertaler) Scheuerbirnenbrand, die Kärntner Weinbirne sowie die Steirische Hirschbirne zu den bekanntesten Mostbirnenbrandsorten.

Der beste Zeitpunkt, einen jungen Birnbaum zu pflanzen, ist Ende Oktober. Stützpflock und Wühlmausgitter helfen den jungen Bäumen, die ersten Jahre unbeschadet zu überstehen. So nimmt der Birnbaumbestand langsam wieder zu. Bis aus den Setzlingen aber wirtschaftlich rentable Obstbäume werden, vergehen zwanzig bis dreißig Jahre.

Die im Mostviertel frei verstreuten Obstwiesen verhindern Bodenerosionen, dienen als Wasserreservoir und spenden Schatten. Kein Wunder, dass 80 Prozent der Brutvögel der Region in den Streuobstwiesen nisten. Zusätzlich zum reichlichen Nahrungsangebot liefern die ungeschnittenen, naturbelassenen Mostobstbäume ideale Refugien für Höhlenbrüter. Hier finden vom Grünspecht bis zum seltenen Mittelspecht, vom Gartenbaumläufer bis zum Kleiber und von der Blaumeise bis zum Steinkauz eine Reihe von Vögeln ein Zuhause. Im Frühsommer ragt aus nahezu jedem Baumloch ein weit aufgesperrter Schnabel und bettelt um Futter.

Die Streuobstwiesen im Mostviertel sind durch ihre extensive Bewirtschaftung Rückzugsraum für viele Tiere und Pflanzen. Besonders zur Obstreife werden zahlreiche tierische Besucher angelockt.
Farbenprächtige Schmetterlinge sind besonders treue Besucher der Streuobstwiesen. Der Saft der reifen Früchte ist nahrhafter als jeder Nektar. Unter ihnen sind auch zahlreiche Admiralsfalter, in deren Leben die Brennessel eine besondere Rolle spielt. Ihre Eier legen sie ausschließlich auf ihre Blätter und die fertige Raupe ernährt sich von den Stauden. Sobald die Admiralraupe bereit ist sich zu verpuppen, baut sie aus einem Brennnesselblatt einen Trichter und zieht sich darin zurück.Die großen, geräumigen Baumhöhlen werden von Steinkäuzen bewohnt. Im gesamten Mostviertel gibt es noch etwa zehn Brutpaare. Sie haben ihr Jagdgebiet, wo Bauern die Mäusebekämpfung noch der Natur überlassen. Wenn sie nicht vertrieben werden, sind sie äußerst heimatliebend. Heute ist er vom Aussterben bedroht. Und dort, wo sein schärfster Konkurrent, der Waldkauz, lebt, bleibt dem kleineren Steinkauz nur der Rückzug.

Zahlreichen Most- und Edelbrandproduzenten ist es zu verdanken, dass der Bestand der Mostbirnen durch die wirtschaftliche Nutzung sichergestellt werden konnte. Vorallem die Mostheurigenbetriebe der Obstmostgemeinschaften Alpenvorland, Mostviertel und "Bucklige Welt" haben dazu sehr wesentlich beigetragen. In der Brennerszene sind es die Spitzenbrenner Georg Hiebl aus Haag, Hans Krenn aus Yspertal, die Oberösterreicher Josef Hochmair und Willi Burgstaller sowie Bernhard Datzberger, Karl Hauer und Toni Distelberger aus Amstetten. Schließlich zählen auch die Mostviertler Brenngemeinschaften Berglandbrand aus dem Traisental, die Pielachtaler, Kilber und Seitenstettener Brenngemeinschaft zu jenen, die sich um der Bewahrung der bis zu 200 Jahre alten Mostbirnenbäume durch Verarbeitung zu "hochgeistigen" Produkten verdient gemacht haben.

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